(warten)

doch natürlich warten wir immer auf etwas. wenn nicht auf den herrgott oder den jüngsten tag, dann auf etwas anderes, denn das leben besteht zu einem großen teil aus nichts anderem als warten; was auch wiederum ganz in ordnung ist, denn während man auf etwas wartet, kann man schon mal eine ganze menge erledigen. einen kaffee trinken zum beispiel, in einem buch blättern, ein schwätzchen halten oder mit anderen worten: man kann leben, während man wartet.

jón kalman stefánsson „der sommer hinter dem hügel“

katalogfaltblatt zur ausstellung

hier noch die (etwas verspätete) meldung, das das dokumentationsfaltblatt zu meiner ausstellung „circus maximus“ in der galerie coucou erhältich ist. den dinA5-sechsseiter mit kurzem einführungstext kann man auch hier als vorschau-pdf ansehen.

(unschuld)

welche wirkung aber hat nichts? es gebiert angst. das ist das tiefe geheimnis der unschuld, dass sie zu gleicher zeit angst ist. träumend projektiert der geist seine eigene wirklichkeit, diese wirklichkeit aber ist nichts, dieses nichts aber sieht die unschuld ständig außerhalb ihrer.

kierkegaard „der begriff der angst“

(kunst kommt von …)

kunst kommt von können oder kennen her (nosse aut posse), vielleicht von beiden, wenigstens muß sie beides in gehörigem grad verbinden. wer kennt, ohne zu können, ist ein theorist, dem man in sachen des könnens kaum trauet; wer kann ohne zu kennen, ist ein bloßer praktiker oder handwerker; der echte künstler verbindet beides.

johann gottfried herder „kalligone“ (erste belegte formulierung aus dem jahr 1800)

(stillleben)

das leben ist politik, die menschlichen verhältnisse – das alles ist politik. zuerst sind die bilder stumm. allerdings kann ein bild oder eine bildgruppe in einem bestimmten zusammenhang ein politisches moment bekommen.
ich war am 11. september in new york und habe alles noch genau in erinnerung. als ich zwei wochen später wieder in belgien war, kam mir die idee, dass man nur eine idylle malen könnte, und das nicht als historienbild, sondern in der letzten, der unwichtigsten kategorie der malerei: das stilleben. (…) ein stilleben nach nine/eleven ist eigentlich ein ziemlich sardonistischer witz, und das ist im grunde sehr politisch. aber eine moralisierung sollte für immer ausgeschlossen sein.

luc tuymans, 2002

(zeit)

aber die zeit … die zeit, die uns erst lähmt und dann beschämt. wir hielten uns für reif, dabei gingen wir nur auf nummer sicher. wir hielten uns für verantwortungsbewusst, dabei waren wir nur feige. was wir realismus nannten, erwies sich als manier, den dingen aus dem weg zu gehen, statt ihnen ins auge zu sehen. zeit … man gebe uns genügend zeit, und unsere fundiertesten entscheidungen scheinen wackelig, unsere gewissheiten bloße schrullen.

julian barnes “vom ende einer geschichte”